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Entwicklungspolitischer Wahlcheck 2006
 

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Entwicklungszusammenarbeit und zivilgesellschaftliches Engagement - Forderungen des BER:

Erhöhung der finanziellen Ressourcen vor allem für entwicklungspolitische Bildungsarbeit, die integraler Teil der Entwicklungszusammenarbeit ist. Diese soll auch von Berlin in Anlehnung an das 1970 international gesetzte Ziel, 0,7% des Bruttonationaleinkommens für Entwicklungshilfe einzusetzen, mit dem selben Anteil des Landeshaushaltes gefördert werden. Der Senat soll sich verpflichten, den Stufenplan, den die Bundesregierung zur Erreichung dieses Ziels bis 2015 unterzeichnet hat, auch auf Landesebene analog umzusetzen. Zur dauerhaften Finanzierung von NRO-Aktivitäten fordern wir die Gründung einer „Landesstiftung Entwicklungszusammenarbeit“ mit einem ausreichenden Grundkapital.

"Berlin ist nicht dazu da, die Welt zu retten“ – so begründete der Berliner Senat seine geplanten Sparmaßnahmen für das Jahr 2001. Beabsichtigt war die komplette Streichung der Fördermittel für Aktivitäten entwicklungspolitischer Nichtregierunsorganisationen in Berlin. Mit phantasievollen Aktionen, Briefen an Abgeordnete, Gesprächen und Flugblättern haben die Berliner Nichtregierungsorganisationen sich dagegen zur Wehr gesetzt – mit dem Ergebnis, dass die Komplettstreichung verhindert wurde. Seither stehen jährlich noch 250.000 Euro für die Berliner NRO zur Verfügung – von ehemals rund 300.000 Euro (2001). Offenbar hat die Politik eingesehen, dass der weltoffene Charakter Berlins in großem Maße von den NRO geprägt wird – mit Bildungs- und Kulturveranstaltungen, Städtepartnerschaften und Entwicklungsprojekten füllen sie das Image Berlins als Weltmetropole mit realem Leben.

Der jetzige Status bedeutet für die NRO dennoch keine Sicherheit. Im Gegenteil: Das jährlich zur Verfügung stehende Geld ist nicht garantiert und Berlins entwicklungspolitisches Engagement ist seit 1998 allgemein im Abwärtstrend. Im Jahre 2004 gab Berlin mit rund 2,2 Millionen Euro bereits weniger als ein Viertel des einstigen Spitzenwertes von 1997 dafür aus. Darunter fallen Programm- und Projektförderung, institutionelle Förderung, Informations- und Bildungsarbeit, Maßnahmen in Entwicklungsländern und Studentenstipendien. Lag Berlin im Bundesländer-Vergleich zwischen 1997 und 2000 noch auf Platz 1, so rutschte es 2004 auf Platz 10 ab.

Hintergrund für diesen Einbruch im entwickungspolitischen Engagement Berlins ist neben den schrittweisen Kürzungen der Maßnahmen in Entwicklungsländern von mehr als 400.000 (1995) auf 20.000 (2004) Euro vor allem der Wegzug des Deutschen Entwicklungsdienstes, der Deutschen Stiftung für internationale Entwicklung (heute InWent) und des Deutschen Instituts für Entwicklungspolitik von Berlin nach Bonn. In der gleichen Zeit hat sich der Schwerpunkt der Berliner Entwicklungszusammenarbeit von der Projektförderung zu der Vergabe von Studienstipendien verschoben (Zahlen von Germanwatch).

Im krassen Gegensatz zu diesem Trend steht die immer wieder bekräftigte Verantwortung und Verpflichtung Berlins gegenüber den Ländern des Südens und Ostens. Erst 2001 beschloss das Land Berlin entwicklungspolitische Leitlinien, in denen der Inlandsarbeit (Bildungs- und Informationsarbeit und die Zusammenarbeit und Förderung mit Institutionen und NRO) ein besonders hoher Stellenwert beigemessen wird.

Auch von dem 1970 von den Vereinten Nationen vereinbarte Ziel, dass die Entwicklungshilfe der wirtschaftlich fortgeschrittenen Länder 0,7 Prozent des Bruttoinlandsproduktes (BIP) betragen soll (siehe VENRO-Kampagne "Pro 0,7"), ist Berlins Beitrag weit entfernt. Im Verhältnis zum BIP des Landes Berlins beträgt die Entwicklungshilfe in 2004 knapp 0,003 Prozent. Selbst im Verhältnis zum Berliner Gesamthaushalt – eine Bilanz, die sich in den vergangenen Jahren in der entwicklungspolitischen Szene eingebürgert hat – betragen die EZ-Leistungen nur 0,01 Prozent.

Vor diesem Hintergrund fordert der Berliner Entwicklungspolitische Ratschlag:

● Das entwicklungspolitische Engagement Berlins muss verstärkt werden. Wir fordern von den Abgeordneten, dass sie Öffentlichkeit und Entscheidungsträger für dieses Thema sensibilisieren und sich für Finanzierungen einsetzen.

● Mit dem Wegzug der staatsnahen entwicklungspolitischen Organisationen darf sich Berlin nicht aus der entwicklungspolitischen Verantwortung stehlen. Die dadurch frei gewordenen Mittel müssen zumindest zum Teil in Berliner EZ-Strukturen fließen. Die NRO, die zu einem guten Teil das weltoffene Berlin – ein Image, mit dem diese Stadt in der ganzen Welt für sich wirbt – ausmachen, müssen in ihrer Arbeit politisch anerkannt und finanziell abgesichert sein.

● Schaffung einer Berliner Stiftung Entwicklungszusammenarbeit: Die Arbeit der Berliner NRO darf nicht der Willkür und den Schwankungen das Landeshaushaltes unterliegen, sondern muss verstetigt und ausgebaut werden. Hierzu gibt es bereits einen Antrag der Grünen-Fraktion. Auch die rot-rote Koalition hat vereinbart, die Arbeit der Berliner NRO auf eine sichere Grundlage zu stellen und die Gründung einer Berliner Stiftung Entwicklungszusammenarbeit zu „ prüfen“. Allerdings wurde der Grünen-Antrag im April 2006 vom Wirtschaftsausschuss des Berliner Abgeordnetenhauses und im Mai 2006 vom rot-rot-dominierten Berliner Abgeordnetenhaus gegen die Stimmen der Grünen abgelehnt. PDS und SPD begründeten dies damit, dass sich die Situation für die NRO „entschärft“ habe, ihre Finanzierung unter einem rot-roten Senat nicht in Gefahr und der Antrag deshalb nicht notwendig sei.

Die Berliner entwicklungspolitischen Initiativen müssen ein Mindestmaß an Planungsicherheit bekommen. Die Kapazitäten der NRO werden zunehmend vom Fundraising geschluckt. Sie sollen nicht jedes Jahr eine Kampagne machen müssen, um an Geld zu kommen, sondern ihre Energie in die entwicklungspolitische Arbeit stecken. Es muss auch als Interesse der bisherigen und künftigen Berliner Entscheidungsträger erkannt werden, dass ihre Politik langfristig abgesichert werden muss. Dabei kann an den bisherigen Überlegungen zur Stiftungsgründung und zur Bereitstellung der erforderlichen 10 Millionen Euro Grundkapital angeknüpft werden. Denkbar sind etwa unverbrauchte Gelder aus dem Berliner Jahreshaushalt, oder aus Lotteriemitteln (Erfahrungen gibt es in NRW und Niedersachsen). Die Gründung einer Stiftung würde auch den Berliner Haushalt entlasten: Legt man einem Grundkapital von 10 Millionen Euro einen Zinssatz von 2,5 Prozent zugrunde, entstehen jährlich 250.000 Euro, mit denen die Arbeit der NRO finanziert werden könnte.

● Das Ziel, 0,7 Prozent des Berliner Haushaltes für entwicklungspolitische Zusammenarbeit auszugeben, muss schrittweise erreicht werden. Der Senat soll sich verpflichten, den Stufenplan, den die Bundesregierung zusammen mit den Ländern der Europäischen Union im Mai 2005 vereinbart hat, analog auf Landesebene umzusetzen. Dieser Stufenplan sieht vor, dass die Bundesrepublik ihre öffentlichen Mittel für Entwicklungszusammenarbeit bis 2010 auf 0,51 Prozent und bis 2015 auf 0,7 Prozent des BIP erhöht.

Die Forderung des BER bezieht sich allerdings nicht auf das BIP, sondern auf den Jahreshaushalt Berlins. Wir fordern, dass der Senat sich verpflichtet, analog zum Stufenplan auf Bundesebene bis 2010 0,51 Prozent und bis 2015 0,7 Prozent des Berliner Gesamthaushaltes für Entwicklungszusammenarbeit auszugeben.

Das seit über dreißig Jahren bestehende Ziel, dass wirtschaftlich fortgeschrittene Länder 0,7 Prozent ihres BIP für Entwicklungshilfe einsetzen, bekommt mit dem Beschluss der EU eine realistische Chance auf Verwirklichung in Europa – und Berlin soll seinen Beitrag dazu leisten.

Kooperationspartner:
www.wfd.de

Diese Aktion wird gefördert vom Evangelischen Entwicklungsdienst (EED), dem Katholischen Fonds für weltkirchliche und entwicklungsbezogene Öffentlichkeitsarbeit, dem Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Umverteilen! Stiftung für eine solidarische Welt.

Eine Aktion des Berliner Entwicklungspolitischen Ratschlags (BER e.V.) - info@ber-ev.de