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Entwicklungspolitischer Wahlcheck 2006
 

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Antwort von:

Oliver Schruoffeneger, Bündnis 90/ Die Grünen (Landes- und Bezirkslisten)

1.1. und 1.2. Entwicklungspolitik ist eine Querschnittsaufgabe.
Fragen des globalen Lernens in Kita, Schulen, Berufsausbildung und Universität, aber auch in Volkshochschulen und Jugendeinrichtungen,
Fragen der entwicklungspolitischen Auswirkungen unserer Wirtschaftspolitik von der Förderung des fairen Handels bis zum Engagement z.B. der Berliner Wasserbetriebe in Namibia
Fragen der Integrationspolitik und der Einwanderungs- und Flüchtlingspolitik von der Nutzung der Beziehungen von MigrantInnen in ihre Heimatländer aber auch die Nutzung Ihrer Kenntnisse zum Beispiel für Projekte des globalen Lernens an Schulen und die Aufklärung der Bevölkerung über Flucht- und Migrationsgründe und unseren Einfluss darauf
Fragen der Wissenschaftspolitik von Stipendien und Förderungsprogrammen für Studierende aus Ländern des Südens und Ostens, der Kooperationen unserer Hochschulen mit Ländern und Wissenschaftseinrichtungen des Südens, bis zu der Frage welche Folgen unsere Forschungsergebnisse denn für die Länder des Südens haben und wie wir mit unserer Wissenschaft zur Lösung weltweiter Probleme von der Energieversorgung bis zur Migrationsforschung beitragen können
Und natürlich auch die Frage inwieweit Berlin als Hauptstadt einer der reichsten Industrienationen der Welt seiner Verantwortung für die weltweite Entwicklung gerecht wird. Trotz aller Beteuerungen entwicklungspolitischer Verantwortung durch die Ministerpräsidenten der Bundesländer ziehen sich viele Bundesländer immer mehr aus dieser Verantwortung zurück. Besonders auffällig ist dies leider in den 5 Jahren rot-roter Regierung in Berlin erfolgt. Der letzte Bericht von Germanwatch über die entwicklungspolitischen Aktivitäten der Bundesländer zeigt das Desaster rot-roter Verantwortungslosigkeit.
Eine Entwicklungsverträglichkeitsprüfung wäre sicherlich hilfreich, doch zeigen die Erfahrungen mit anderen entsprechenden Prüfungen, dass diese kaum einen Effekt haben, wenn im Parlament nicht ausreichend Parlamentarier immer wieder die Ergebnisse einfordern und diskutieren.
Unsere Fraktion hat schon in den letzten Jahren als einzige Fraktion viele entwicklungspolitische Anträge ins Abgeordnetenhaus eingebracht (eine Dokumentation der Anträge und der Protokolle ist bei uns erhältlich) Ein regelmäßiger zusammenfassender Bericht zur Entwicklungszusammenarbeit wäre gut, um die Bedeutung des Themas zu heben und immer wieder die Debatte zu erzwingen. Wichtig wäre aber auch, dass das Selbstverständnis der Landesstelle für Entwicklungszusammenarbeit müsste sich ebenfalls ändern und deutlich offensiver werden. Ein solcher Bericht müsste von der Landesstelle auch gewollt sein und offensiv zur Beförderung des Themas genutzt werden. Eine regelmässige als Pflichtaufgabe abgelieferte Auflistung von Förderungen mit viel Eigenlob würde eher schaden, da von den jeweiligen Mehrheiten Scheinaktivitäten die in Wirklichkeit kaum eine positive Auswirkung haben als Beleg für eigene Aktivitäten und weiteres Nichtstun der Politik befördern.

2.1. Wir haben in den letzten 3 Wahlperioden jeweils einen Gesetzentwurf zur Gründung einer entsprechenden Stiftung ins Parlament eingebracht. Letztendlich wurde diese Stiftung auch von rot-rot erst 4 Jahre liegen gelassen und nicht in den Ausschüssen behandelt und dann vor wenigen Monaten abgelehnt. Finanzielle Gründe dafür werden vorgeschoben. Letztendlich scheint diese Stiftung einfach nicht gewollt zu sein. Einen entsprechenden Antrag werden wir auch in der nächsten WP wieder stellen.

2.2. Wir treten für eine deutliche Erhöhung der Mitteln für die Entwicklungszusammenarbeit ein. Die Fragestellung scheint aber auf einem Missverständnis zu beruhen. Die 0,7% Quote ist international vereinbart und bezieht sich auf das jeweilige Bruttoinlandsprodukt des Staates. Darin gehen dann die Ausgaben von Bund, Ländern und Kommunen ein. Dies nun für Berlin zu fordern würde bedeuten, dass Bund und Kommunen gar nichts mehr beitragen müssten, wenn alle Länder jeweils 0,7 % ihres jeweiligen BIPs erbringen würden. Für Berlin würde dies rund 550 Mio. Euro bedeuten, die zu finanzieren wären. Sollte sich die Frage auf einen entsprechenden Anteil am Berliner Landeshaushalt beziehen so wären 0,7% rund 140 Mio. Euro. Eine solche Regelung und Zielsetzung gibt es bisher nirgends. Es wäre also eine neue Berliner Diskussion die hier zu führen wäre und im Kontext der Debatte um die Verantwortung der Bundesländer für die Entwicklungszusammenarbeit (siehe Bericht Germanwatch) steht. Angesichts der Tatsache, das zur Zeit je nach Zuordnung max. 5 Mio. Euro der Entwicklungszusammenarbeit zuzurechnen wären wäre das eine absolut unrealistische Forderung, die auch überhaupt nicht in sinnvolle Projekte umgesetzt werden könnte.

3.1. und 3.2. Auch hier können wir auf zwei Anträge verweisen, die wir in den letzten Monaten ins Parlament eingebracht haben. Besonders wichtig ist der Ausbau der Lehrerfortbildung und der Bereitstellung entsprechenden Unterrichtsmaterials. Die Einbeziehung von Menschen aus dem Süden in die Unterrichtsgestaltung und die außerunterrichtlichen Aktivitäten sind zu verstärken.
Entwicklungspolitische NGOs müssen verstärkt in die Schulen integriert werden. Hierzu haben wir vorgeschlagen jeder Berliner Schule einen Etat für außerunterrichtliche Aktivitäten zur Verfügung zu stellen, der für Projekte in den Bereichen Theater, Tanz, Musik und gesellschaftpolitischer Themen (hierunter fallen dann entwicklungspolitische Aktivitäten) genutzt werden kann. Die Mittel sollten ausreichen, um an allen Schulen der Stadt jeweils 3 parallel laufenden Projekte für die gesamte Schulzeit (ohne Ferienzeiten) zu ermöglichen. Dafür würden rund 9 Mio. Euro benötigt.

4.1. Leider gibt es kaum noch eine Außenhandelsförderung des Landes. Klar ist aber, dass alle Förderungen die Anerkennungen internationaler Koventionen zur Voraussetzung haben sollten.

4.2. Auch bei der Vergabepraxis sind entsprechende Standards einzuhalten. Wir könnten es uns leicht machen und jetzt einfach mit ja antworten, aber leider ist die Praxis komplizierter. Leider ist das EU Recht der Wettbewerbsneutralität hier sehr stark beschränkend. Es darf nur die Qualität des Produkts beschrieben werden, nicht aber der Erstellungs- und Entsorgungsprozess. Dies macht Kriterien wie Arbeitsbedingungen, fair gehandelt oder Umweltauswirkungen sehr schwer durchsetzbar. Es muss immer ein Bezug auf internationale Rechtssetzungen gefunden werden. Wir haben daher zum Beispiel einen Antrag zum Ausschluss der Kinderarbeit als Beschaffungsvoraussetzung eingebracht, denn hier gibt es ja die entsprechende UN- Konvention. Also immer da wo es geht, muss man die Möglichkeiten des Beschaffungsrechts nutzen. Wichtig ist es aber auch Produzenten und Anbieter von fair gehandelten und nachhaltigen Produkten gezielt zur Teilnahme an Ausschreibungen aufzufordern und in der breiten Öffentlichkeit für diese Produkte zu werben.

5. Vorab möchten wir den Entstehungsprozess des Berliner AGENDA Beschlusses noch einmal kritisieren. Nach dem langwierigen Prozess der Verständigung zwischen vielen gesellschaftlichen Gruppen, der Verwaltung und Institutionen wurde letztendlich eine völlig neue Fassung des Papiers durch einzelne Abgeordnete der rot-roten Koalition geschrieben, der teilweise nur noch wenig Ähnlichkeit mit dem vorherigen Text hatte. Dieser neue Text wurde dann beschlossen. Besser als nichts, aber viele der ursprünglich Beteiligten können sich dabei nur ausgenutzt vorkommen. Die neue Qualität des Agenda-Prozesse – die Einbeziehung gesellschaftlicher Gruppen in Entscheidungsprozesse – wurde damit auf den kopf gestellt.
Um den zähen Prozess im Abgeordnetenhaus zu beschleunigen, haben wir schon vor knapp 2 Jahren 10 Projekte des ursprünglichen Agenda-Papiers einzelne Anträge ins Parlament eingebracht, um die Umsetzung zu beschleunigen. So werden wir auch in der Zukunft die Projekte des Papiers immer wieder aufgreifen und ins Parlament einbringen. Ich persönlich werde mich dabei natürlich vorrangig um die entwicklungspolitischen Themen kümmern.

6.1. Wir haben gemeinsam mit dem BER vor 2 Jahren den Arbeitskreis zur Aufarbeitung der deutschen Kolonialgeschichte initiiert und begründet. Die daraus resultierenden Aktivitäten wie kolonialgeschichtliche Stadtspaziergänge oder die Aufstellung eines Gedenksteines auf dem Friedhof Columbiadamm unterstützen wir.

6.2. Wir schlagen vor einen gemeinsamen Internetauftritt von Schulen in Berlin und Windhoek zur Kolonialgeschichte einzurichten. SchülerInnen aus dem Land der Täter und dem Land der Opfer müssten sich dann auf eine gemeinsame Darstellung der Geschichte verständigen. Dies wäre ein ideales Modell des gemeinsamen globalen Lernens. Daraus könnten dann weitere Projekte entwickelt werden, wie z.B. die Umbenennung von Straßen in Berlin und Windhoek.

Kooperationspartner:
www.wfd.de

Diese Aktion wird gefördert vom Evangelischen Entwicklungsdienst (EED), dem Katholischen Fonds für weltkirchliche und entwicklungsbezogene Öffentlichkeitsarbeit, dem Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Umverteilen! Stiftung für eine solidarische Welt.

Eine Aktion des Berliner Entwicklungspolitischen Ratschlags (BER e.V.) - info@ber-ev.de