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Entwicklungspolitischer Wahlcheck 2006
 

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Antwort von:

Marc Schulte, SPD (Charlottenburg-Wilmersdorf)
Charlottenburg-Wilmersdorf

1. Steuerung der Landesentwicklungspolitik
Das Thema ‚Globale Verantwortung wahrnehmen’ stellt sich in vielen Politikfeldern, insbesondere in den Bereichen Bildung, Migration/ Integration, Kultur, Wissenschaft und Wirtschaft. Eine Koordination findet aber kaum statt. Weiterhin fehlen ein Instrumentarium und die finanziellen Mittel, um diese Aufgaben konsequent umzusetzen.
1.1. Werden Sie sich für die Thematisierung der Entwicklungspolitik im Hauptausschuss und mindestens einmal jährlich im Plenum des Abgeordnetenhauses einsetzen?

Ja, denn Berlin war Vorreiter in der Frage der Entwicklungspolitik der Bundesländer und soll diese Rolle auch wieder ausfüllen. Entwicklungspolitische Leitlinien gibt es seit 1992. Auf diese Tradition muss aufgebaut werden. Eine regelmäßige, jährlich oder alle zwei Jahre erfolgende Thematisierung im Abgeordnetenhaus ist sinnvoll.

1.2. Werden Sie sich für die Einführung einer „Entwicklungsverträglichkeitsprüfung“ einsetzen, um mehr Kohärenz und Transparenz über die entwicklungspolitischen Wirkungen des politischen Handelns in Berlin zu gewährleisten?

Entwicklungspolitik ist eine Querschnittsaufgabe und durchzieht damit alle Ressorts. Der Etat für Entwicklungspolitik wurde vor weiteren Kürzungen geschützt. Darüber setze ich mich für die Unterstützung von fair gehandelten Gütern ein. Eine Entwicklungsverträglichkeitsprüfung kann sehr schnell zu einem bürokratischen Instrument verkommen, das gemacht werden muss, aber konkret nichts verändert. Hier muss ähnlich wie im Bereich des Gender Budgeting genau überlegt werden, welche Haushaltstitel und Projekte unter entwicklungspolitischen Maßstäben in erster Linie betrachtet werden sollten.

2. Entwicklungszusammenarbeit und zivilgesellschaftliches Engagement
Nach 1998 ging es finanziell gesehen mit der Berliner Entwicklungspolitik bergab. Das Sinken von Programm- und Projektförderung sowie institutioneller Förderung hängt hauptsächlich mit der Verlagerung mehrerer staatsnaher Entwicklungsorganisationen nach Bonn zusammen. Unter zusätzlichen Mittelkürzungen im Berliner Haushalt leidet aber auch die Informations- und Bildungsarbeit. Dies widerspricht den Erklärungen der Ministerpräsidenten, in denen dieser Bereich stets eine herausragende Stellung eingenommen hat. Bereits 1970 wurde international das Ziel aufgestellt, 0,7% des Bruttonationaleinkommens für Entwicklungshilfe einzusetzen. Davon sind die Bundesregierung und das Land Berlin weit entfernt.
2.1. Werden Sie sich für die Einrichtung einer Landesstiftung Entwicklungszusammenarbeit einsetzen, die die entwicklungspolitischen Aktivitäten der Zivilgesellschaft dauerhaft absichert?

Die SPD hat sich in der zurückliegenden Legislatur in zahlreichen Besprechungen für eine Stiftung Entwicklungszusammenarbeit eingesetzt. Allerdings konnte bisher kein vernünftiges Konzept zu einer auskömmlichen Finanzierung einer solchen Stiftung gefunden werden. In der nächsten Legislatur werden wir erneut prüfen, ob es Möglichkeiten gibt, eine Stiftung in einer arbeitsfähigen Form zu gründen.

2.2. Setzen Sie sich für die Formulierung eines Stufenplanes ein, mit dem die Mittel für Entwicklungspolitik auf Landesebene bis zum Jahr 2015 schrittweise auf 0,7% des Bruttonlandeseinkommens gesteigert werden sollen?

Die Forderung nach einer schrittweisen Steigerung der entwicklungspolitischen Mittel auf eine Quote von 0,7 % des Bruttoinlandsproduktes von Berlin ist derzeit nicht finanzierbar, sollte aber als Zielgröße nicht aufgegeben werden, damit sich bei der Beratung des Bundeshaushalts im Bundesrat Berlin für eine Erhöhung der Mittel einsetzt.

3. Globales Lernen
Globales Lernen ist inzwischen in den Rahmenlehrplänen verankert. Die Umsetzung ist jedoch nach wie vor unzureichend.
3.1. Welche Maßnahmen werden Sie ergreifen, um die in den Rahmenlehrplänen festgeschriebenen Maßnahmen zum Globalen Lernen umzusetzen?
3.2. Wie kann die nachgewiesene Kompetenz der Nichtregierungsorganisationen beim Thema Globales Lernen noch intensiver genutzt und finanziell gesichert werden?

Das LISUM sollte stärker mit den entwicklungspolitischen Organisationen zusammenarbeiten und z.B. eine Referentenbörse eröffnen. Die Ansätze der Hochschulen sind einzubeziehen. So sollten junge Wissenschaftler aus den Entewicklungsländern verstärkt als Referenten für die Schulen zur Verfügung stehen. Auch der Ethik-Unterricht wird für den Bereich Globales Lernen einen zentralen stellenwert einnehmen.

4. Faires und nachhaltiges Wirtschaften
Als internationaler Standort ist Berlin an der Förderung der Außenwirtschaftsbeziehungen interessiert. Im Sinne einer globalen Verantwortung für alle Aktivitäten gehören dazu auch die Einhaltung internationaler Sozial- und Umweltstandards, die bislang jedoch nicht als Bedingungen für die Vergabe von Fördermitteln dienen.
Die positiven Wirkungen von Fairem Handel sind erwiesen. Der Bereich der öffentlichen Beschaffung ist von großer Bedeutung für die Verbreitung fair gehandelter Produkte.
4.1. Werden Sie sich für die Verknüpfung der Mittelvergabe der Berliner Außenwirtschaftsförderung mit der Einhaltung international vereinbarter Standards (z.B. ILO-Standards) und freiwilliger Verhaltenskodizes einsetzen?
4.2. Werden Sie sich dafür einsetzen, dass der Senat seine Beschaffungspolitik auf nachhaltige und fair gehandelte Produkte umstellt?

Die Beschaffungspolitik des Senats unterliegt umfangreichen rechtlich verbindlichen Vergabevorschriften, die nicht einseitig aus Berliner Sicht verändert werden können. Nach europäischem Recht dürfen nur wenige Einschränkungen bei der Vergabe von öffentlichen Aufträgen gemacht werden. Um eine Verknüpfung der Mittelvergabe mit Zielen der Nachhaltigkeit und des fairen Handels zu erreichen, müsste eine EU-weite Lösung angestrebt werden. Trotzdem kann und soll in Verträgen z.B. mit Kantinen ein Passus eingeführt werden, dass in erster Linie fair verhandelte Produkte verwendet werden.

5. Lokale Agenda 21
In der im Juni 2006 vom Berliner Abgeordnetenhaus beschlossenen Lokalen Agenda 21 wird der Senat aufgefordert, diese als Leitidee seiner künftigen Politik aufzunehmen und die aufgeführten Qualitäts- und Handlungsziele so schnell wie möglich umzusetzen.
5.1. In welcher Form werden Sie sich für diese Ziele einsetzen? Wo sehen Sie Ihre persönlichen inhaltlichen Schwerpunkte?

Die SPD hat sich nachdrücklich und mit Erfolg für die Verabschiedung der Lokalen Agenda 21 noch in dieser Legislatur eingesetzt. Die Ziele der Lokalen Agenda 21 sind als Querschnittsziele für alle Ressorts formuliert, bzw. als konkrete Handlungsanweisungen z.B. im Bereich der nachhaltigen Stadtentwicklung. Die SPD wird sich im Rahmen ihrer politischen Aktivitäten die Lokale Agenda 21 als Handlungsempfehlung grundsätzlich als Grundlage betrachten.

6. Verantwortung für das Erbe der Kolonialzeit
Als alte und neue Hauptstadt hat Berlin vielfältige Verbindungen zur Kolonialzeit, die sich in Straßennamen, gesammelten Kulturgütern und nicht zuletzt im Umgang mit Menschen aus den ehemaligen Kolonien zeigen. Rassismus ist ein verbreitetes Problem in der Stadt. Die Städtepartnerschaft mit Windhuk bietet einen guten Ansatzpunkt, Versöhnungsarbeit mit den ehemaligen deutschen Kolonien zu fördern.
6.1. Welche Maßnahmen und Initiativen im Rahmen der Stadtentwicklung werden Sie unterstützen, um Berlins Verbindungen zur Kolonialzeit transparent zu machen?
6.2. Welche Aktivitäten schlagen Sie vor, um die Städtepartnerschaft mit Windhuk mit Leben zu füllen?

Die SPD hat sich immer zur Verantwortung für das Erbe der Kolonialzeit bekannt. In diesem Zusammenhang hat sich auch Bundesentwicklungsministerin Wieczorek-Zeul am 15. August 2004 im Namen der Bundesrepublik Deutschland in Namibia für die Kolonialverbrechen der deutschen Kolonialherren bei den Nachfahren der Opfer des ersten deutschen Völkermordes, dem Volk der Hereros entschuldigt. Die SPD unterstützt Bemühungen zur Aussöhnung. In erster Linie ist diese Aufgabe aber auf Bundesebene angesiedelt und nicht in der Kompetenz des Landes Berlin.

Kooperationspartner:
www.wfd.de

Diese Aktion wird gefördert vom Evangelischen Entwicklungsdienst (EED), dem Katholischen Fonds für weltkirchliche und entwicklungsbezogene Öffentlichkeitsarbeit, dem Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Umverteilen! Stiftung für eine solidarische Welt.

Eine Aktion des Berliner Entwicklungspolitischen Ratschlags (BER e.V.) - info@ber-ev.de