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Entwicklungspolitischer Wahlcheck 2006
 

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Steglitz-Zehlendorf

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Antwort von:

Sebastian Möller, PDS (Steglitz-Zehlendorf)

1. Steuerung der Landesentwicklungspolitik
Das Thema ‚Globale Verantwortung wahrnehmen’ stellt sich in vielen Politikfeldern, insbesondere in den Bereichen Bildung, Migration/ Integration, Kultur, Wissenschaft und Wirtschaft. Eine Koordination findet aber kaum statt. Weiterhin fehlen ein Instrumentarium und die finanziellen Mittel, um diese Aufgaben konsequent umzusetzen.
1.1. Werden Sie sich für die Thematisierung der Entwicklungspolitik im Hauptausschuss und mindestens einmal jährlich im Plenum des Abgeordnetenhauses einsetzen?

Es ist wichtig, die Entwicklungspolitik als Querschnittsaufgabe zwischen vielen Feldern zu begreifen und zu organisieren. Ich werde mich daher ich Falle meiner Wahl für eine interfraktionelle Arbeitsgruppe zum Thema Entwicklungspolitik im Abgeordnetenhaus und einen regelmäßigen Runden Tisch zwischen Abgeordnetenhaus, Senat, Bezirken und den vielen NGOs stark machen. Dabei kommt es für mich nicht darauf an, wie oft etwas öffentlich verhandelt wird, sonder was tatsächlich erreicht werden kann. Im Sinne einer stärkeren Präsenz werde ich mich für eine Ausstellung zum Thema „Wie kann Berlin seine Globale Verantwortung wahrnehmen“ einsetzen, die auch in den Bezirksämtern und Schulen gezeigt werden sollte. Alle Öffentlichkeitsarbeit muss auch immer den Aspekt berücksichtigen, was der oder die Einzelne für eine gerechtere Welt beitragen kann.

1.2. Werden Sie sich für die Einführung einer „Entwicklungsverträglichkeitsprüfung“ einsetzen, um mehr Kohärenz und Transparenz über die entwicklungspolitischen Wirkungen des politischen Handelns in Berlin zu gewährleisten?

Eine solche „Entwicklungsverträglichkeitsprüfung“ scheint mir ein sinnvolles Instrument zu sein, um alle politischen Entscheidungen auf deren entwicklungspolitischen Konsequenzen abzuklopfen, weshalb sie meine Zustimmung finden kann. Bei der konkreten Umsetzung bedarf es natürlich der Beratung durch erfahrene Organisationen. Genauso wichtig finde ich aber das eigenständige Handeln in den Bezirken, z.B. durch die Verabschiedungen von Kriterienkatalogen für die Vergabe von öffentlichen Aufträgen. So können z.B. Produkte aus Kinderarbeit oder unökologischer und ausbeuterischer Herstellung bzw. Unternehmen die dafür verantwortlich sind in Berlin verhindert werden.

2. Entwicklungszusammenarbeit und zivilgesellschaftliches Engagement
Nach 1998 ging es finanziell gesehen mit der Berliner Entwicklungspolitik bergab. Das Sinken von Programm- und Projektförderung sowie institutioneller Förderung hängt hauptsächlich mit der Verlagerung mehrerer staatsnaher Entwicklungsorganisationen nach Bonn zusammen. Unter zusätzlichen Mittelkürzungen im Berliner Haushalt leidet aber auch die Informations- und Bildungsarbeit. Dies widerspricht den Erklärungen der Ministerpräsidenten, in denen dieser Bereich stets eine herausragende Stellung eingenommen hat. Bereits 1970 wurde international das Ziel aufgestellt, 0,7% des Bruttonationaleinkommens für Entwicklungshilfe einzusetzen. Davon sind die Bundesregierung und das Land Berlin weit entfernt.
2.1. Werden Sie sich für die Einrichtung einer Landesstiftung Entwicklungszusammenarbeit einsetzen, die die entwicklungspolitischen Aktivitäten der Zivilgesellschaft dauerhaft absichert?

Eine Landesstiftung Entwicklung halte ich für notwendig, nur muss man bei der Umsetzung beachten, den Anteil der Mittel für „indirekte“ Entwicklungspolitik gering zu halten. Die Aufgabe einer koordinierten Öffentlichkeitsarbeit kann verstärkt die Stiftung für Politische Bildung auch in Zusammenarbeit mit den NGOs übernehmen.
2.2. Setzen Sie sich für die Formulierung eines Stufenplanes ein, mit dem die Mittel für Entwicklungspolitik auf Landesebene
bis zum Jahr 2015 schrittweise auf 0,7% des Bruttonlandeseinkommens gesteigert werden sollen?

Ein Stufenplan zum Erreichen des allgemein anerkannten 0,7% Niveau ist auf Bundes- und Landesebene erforderlich, muss aber für Berlin auch mit finanziellen Deckungsvorschlägen einhergehen, um tatsächlich auch realisiert werden zu können. Für mich ist dabei noch offen, wie man im Einzellfall konkrete Maßnahmen finanziell bewerten kann. Über einen Berlner Stufenplan sollte es deshalb eine breite Diskussion mit den NGO`s und eine möglichst breite Zustimmung bei den Parteien geben, um die Umsetzung zu garantieren.

3. Globales Lernen
Globales Lernen ist inzwischen in den Rahmenlehrplänen verankert. Die Umsetzung ist jedoch nach wie vor unzureichend.
3.1. Welche Maßnahmen werden Sie ergreifen, um die in den Rahmenlehrplänen festgeschriebenen Maßnahmen zum Globalen Lernen umzusetzen?

Sinnvoll wäre eine effektive Qualitätskontrolle an den Schulen durch die zuständige Senatsverwaltung. Schulen und Lehrer müssen bei der Umsetzung des „Globalen Lernens“ unterstützt werden. Möglicherweise helfen stadt- oder bezirksweite Aktionswochen zum Globalen Lernen an Schulen mit Events, Diskussionen, Besuch von Aktivisten aus NGO`s bei der Etablierung der neuen Unterrichtsinhalte. Grundsätzlich möchte ich mich auch für mehr Schulpartnerschaften in die Länder der sog. Dritten Welt und spezifische Projekte stark machen. Die Schulen brauchen bei der Umsetzung Flexibilität und im geringen Umfang auch finanzielle Mittel. Hier kann amn aber bereits mit relativ wenig Geld viel erreichen, nämlich die Sensibilisierung der jungen Menschen für globale Probleme und Verantwortlichkeiten.

3.2. Wie kann die nachgewiesene Kompetenz der Nichtregierungsorganisationen beim Thema Globales Lernen noch intensiver genutzt und finanziell gesichert werden?

Die finanzielle Absicherung sollte v.a. den Schulen zugute kommen, die im besten Falle auf einen (möglicherweise stadtteilweiten oder bezirklichen) Etat für Aktivitäten rund um das Globale Lernen zurückgreifen können sollten. Grundsätzlich sollten sich die Schulen stärker nach außen – also auch für die NGO´s öffnen. Wie das Land Berlin das unterstützen kann, kann ich momentan noch nicht einschätzen, aber ich werde im Falle meiner Wahl die Möglichkeiten dafür ausloten.

4. Faires und nachhaltiges Wirtschaften
Als internationaler Standort ist Berlin an der Förderung der Außenwirtschaftsbeziehungen interessiert. Im Sinne einer globalen Verantwortung für alle Aktivitäten gehören dazu auch die Einhaltung internationaler Sozial- und Umweltstandards, die bislang jedoch nicht als Bedingungen für die Vergabe von Fördermitteln dienen. Die positiven Wirkungen von Fairem Handel sind erwiesen. Der Bereich der öffentlichen Beschaffung ist von großer Bedeutung für die Verbreitung fair gehandelter Produkte.
4.1. Werden Sie sich für die Verknüpfung der Mittelvergabe der Berliner Außenwirtschaftsförderung mit der Einhaltung international vereinbarter Standards (z.B. ILO-Standards) und freiwilliger Verhaltenskodizes einsetzen?

Das Land Berlin sollte seine Außenwirtschaftsförderung nur nach einem gemeinsam festgelegten Kriterienkatalog vergeben, der unbedingt Entlohnung, Urlaubsansprüche, Arbeitszeiten, die Frage der Kinderarbeit und die innerbetrieblichen Mitbestimmungsrechte beinhalten sollte. Bei freiwilligen Verhaltenskodizes ist die Einhaltung zu überwachen.

4.2. Werden Sie sich dafür einsetzen, dass der Senat seine Beschaffungspolitik auf nachhaltige und fair gehandelte Produkte umstellt?

Senat und Bezirke müssen bei ihrer Beschaffungspolitik sowie bei der Vergabe von öffentlichen Aufträgen ein besonderes Augenmerk auf die Herkunft und Konsequenzen von Produkten und Dienstleistungen achten. Deshalb plädiere ich für die Verwendung von FSC (bzw. \"Blauer Engel\"), FLP und fair trade Produkten (hier insbesondere Kaffee) in der Verwaltung und allen öffentlichen Einrichtungen. Das darf den Bezirksämtern aber in der Bezirksvergleichrechnung nicht negativ angerechnet werden! Die Vergabekriterien müssen aber bereits vorher greifen, z.B. wenn Unternehmen hier vor Ort unangemessen entlohnen oder unterdurchschnittlich ausbilden. Die öffentlichen Auftraggeber müssen ihrer Verantwort für das Gemeinwohl hier und anderswo gerecht werden!

5. Lokale Agenda 21
In der im Juni 2006 vom Berliner Abgeordnetenhaus beschlossenen Lokalen Agenda 21 wird der Senat aufgefordert, diese als Leitidee seiner künftigen Politik aufzunehmen und die aufgeführten Qualitäts- und Handlungsziele so schnell wie möglich umzusetzen.
5.1. In welcher Form werden Sie sich für diese Ziele einsetzen? Wo sehen Sie Ihre persönlichen inhaltlichen Schwerpunkte?

Die Lokale Agenda Arbeit spielt sich aus meiner Sicht hauptsächlich in den Bezirken – also tatsächlich vor Ort ab. Die Aufgaben des Landes sehe ich hier in der Koordinierung, (Mit)Finanzierung und Publikation der verschiedenen Initiativen. Dafür werde ich mich im Abgeordnetenhaus einsetzten. Ich habe bereits im Verein Lokale Agenda 21 e.V. in meiner Heimatstadt Schwerin mitgewirkt und möchte mich jetzt auch in der BVV Steglitz Zehlendorf für diese Ziele stark machen. Dieser Aufgabe hat die Linkspartei.PDS in Steglitz Zehlendorf hat diesem Thema ein eigenes Kapital im Bezirkswahlprogramm unter dem Titel „Über den Tellerrand“ gewidmet (www.pds-steglitz-zehlendorf.de). Für mich kommt es darauf an, die Öffentlichkeitsarbeit der Lokalen Agenda zu verbessern, für die Festschreibung konkreter Ziele in der BVV zu ringen und die Handlungsmöglichkeiten jedes Einzelnen z.B. durch Einkaufsführer, Aufklärungsarbeit in den Schulen und Aufforderung zur umweltfreundlichen Mobilität zu verdeutlichen. Ich möchte mich einsetzten für bessern Lärm und Feinstaubschutz z.B. durch die Verbannung von Durchgangsverkehren und Lehrpfaden für regenerative Energien. Ein besonderes Anliegen ist mir die schrittweise Zurückdrängung des motorisierten verkehrs. In Abgeordnetenhaus und BVV möchte ich mich für den Ausbau (und die bessere Bewirtschaftung) von Radwegen und –abstellanlagen sowie bessere Bedingungen für die Fußgänger einsetzen. (Mehr können sie auf www.bastimoeller.de erfahren)

6. Verantwortung für das Erbe der Kolonialzeit
Als alte und neue Hauptstadt hat Berlin vielfältige Verbindungen zur Kolonialzeit, die sich in Straßennamen, gesammelten Kulturgütern und nicht zuletzt im Umgang mit Menschen aus den ehemaligen Kolonien zeigen. Rassismus ist ein verbreitetes Problem in der Stadt. Die Städtepartnerschaft mit Windhuk bietet einen guten Ansatzpunkt, Versöhnungsarbeit mit den ehemaligen deutschen Kolonien zu fördern.
6.1. Welche Maßnahmen und Initiativen im Rahmen der Stadtentwicklung werden Sie unterstützen, um Berlins Verbindungen zur Kolonialzeit transparent zu machen?

Geschichte muss an authentischen Orten erlebbar gemacht werden. Ich werde mich für eine Arbeitsgruppe stark machen, die solche Orte in Berlin identifiziert und ein gemeinsames Konzept zur stärkeren Präsenz der Kolonialgeschichte erarbeitet, z.B. in Form eines Lehrpfades. Sinnvoll finde ich auch eine Ausstellung zu den Verstrickungen Berlins in die koloniale Unterdrückung bzw. ihre Aufarbeitung bezogen auf die Bezirke durch AG`s aus Schülern, Historikern und anderen Interessierten. Die Ergebnisse können dann wiederum in dezentralen Ausstellungen präsentiert werden.

6.2. Welche Aktivitäten schlagen Sie vor, um die Städtepartnerschaft mit Windhuk mit Leben zu füllen?

Städtepartnerschaften leben von der tatsächlichen Begegnung der Menschen! Deshalb sollten Schul- und Vereinspartnerschaften angeregt werden. Um die großen Entfernungen zu überbrücken kann man dies auch mit Multimediaprojekten in den Schulen und Jugendeinrichtungen verbinden. Die Partnerschaft sollte auch stärker in die Öffentlichkeit dringen und z.B. durch Aktionstage, Straßenbenennungen und regelmäßigen Berichten in den öffentlichen Medien bekannter gemacht werden. Parlamente und Verwaltung können gegenseitige Erfahrungen auf regelmäßigen Tagungen austauschen.

Kooperationspartner:
www.wfd.de

Diese Aktion wird gefördert vom Evangelischen Entwicklungsdienst (EED), dem Katholischen Fonds für weltkirchliche und entwicklungsbezogene Öffentlichkeitsarbeit, dem Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Umverteilen! Stiftung für eine solidarische Welt.

Eine Aktion des Berliner Entwicklungspolitischen Ratschlags (BER e.V.) - info@ber-ev.de