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Entwicklungspolitischer Wahlcheck 2006
 

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Antwort von:

Martin Lindner, Dr., FDP (Steglitz-Zehlendorf)

1. Steuerung der Landesentwicklungspolitik
Das Thema ‚Globale Verantwortung wahrnehmen’ stellt sich in vielen Politikfeldern, insbesondere in den Bereichen Bildung, Migration/ Integration, Kultur, Wissenschaft und Wirtschaft. Eine Koordination findet aber kaum statt. Weiterhin fehlen ein Instrumentarium und die finanziellen Mittel, um diese Aufgaben konsequent umzusetzen.
1.1. Werden Sie sich für die Thematisierung der Entwicklungspolitik im Hauptausschuss und mindestens einmal jährlich im Plenum des Abgeordnetenhauses einsetzen?

Jedem Abgeordneten ist freigestellt, das Thema Entwicklungspolitik im Plenum des Berlin Abgeordnetenhauses, aber auch in den bezirklichen Parlamenten auf die Tagesordnung zu setzen und zu diskutieren. Dabei sollte allerdings auch die positive Wirkung der Entwicklungspolitik auf den Wirtschaftsstandort Berlin eine Rolle spielen. Eine gezwungene und in regelmäßigen Abständen erfolgende Befassung ist allerdings aus unserer Sicht nicht angemessen.

1.2. Werden Sie sich für die Einführung einer „Entwicklungsverträglichkeitsprüfung“ einsetzen, um mehr Kohärenz und Transparenz über die entwicklungspolitischen Wirkungen des politischen Handelns in Berlin zu gewährleisten?

Die Vergangenheit hat gezeigt, dass die Einführung von solchen Prüfungen nicht den gewünschten Erfolg erzielt hat, solange keine verbindliche Standarddefinition erfolgt. Auch ist hier oftmals die freiwillige Selbstverpflichtung hilfreicher und zum Teil aufgrund der kritischen Begleitung der Öffentlichkeit bereits eine Selbstverständlichkeit.

2. Entwicklungszusammenarbeit und zivilgesellschaftliches Engagement
Nach 1998 ging es finanziell gesehen mit der Berliner Entwicklungspolitik bergab. Das Sinken von Programm- und Projektförderung sowie institutioneller Förderung hängt hauptsächlich mit der Verlagerung mehrerer staatsnaher Entwicklungsorganisationen nach Bonn zusammen. Unter zusätzlichen Mittelkürzungen im Berliner Haushalt leidet aber auch die Informations- und Bildungsarbeit. Dies widerspricht den Erklärungen der Ministerpräsidenten, in denen dieser Bereich stets eine herausragende Stellung eingenommen hat.
Bereits 1970 wurde international das Ziel aufgestellt, 0,7% des Bruttonationaleinkommens für Entwicklungshilfe einzusetzen. Davon sind die Bundesregierung und das Land Berlin weit entfernt.
2.1. Werden Sie sich für die Einrichtung einer Landesstiftung Entwicklungszusammenarbeit einsetzen, die die entwicklungspolitischen Aktivitäten der Zivilgesellschaft dauerhaft absichert?

die Einrichtung einer Landesstiftung Entwicklungszusammenarbeit verträgt sich nicht mit den Zielen der FDP, im Zuge einer Aufgabenkritik Bürokratie und Verwaltung abzubauen. Daher ist die Neueinrichtung einer Landesbehörde nicht empfehlenswert. Sollte diese allerdings Ergebnis bürgerschaftlichen Engagements sein, werden wir dies in jedem Falle unterstützen. Begrüßenswert wäre es sicherlich, wenn die Entwicklungszusammenarbeit bei der Landeszentrale für politische Bildungsarbeit ein größeres Gewicht bekäme.

2.2. Setzen Sie sich für die Formulierung eines Stufenplanes ein, mit dem die Mittel für Entwicklungspolitik auf Landesebene
bis zum Jahr 2015 schrittweise auf 0,7% des Bruttonlandeseinkommens gesteigert werden sollen?

Berlin sietzt auf einem ständig wachsenden Schuldenberg von 60 Mrd. Euro, allein die Zinszahlungen qwerden sich am Ende des Jahres 2006 auf rund 2,5 Mrd. Euro belaufen. Im Jahr 2006 muss Berlin 3,1 Mrd. Euro neue Schulden aufnehmen, um die laufenden Ausgaben zu finanzieren. erst wenn eine grundlegende Haushaltssanierung erfolgt ist und die Ausgaben die Einnahmen nicht mehr überschreiten, kann über die Verteilung von Überschüssen entscheiden werden.

3. Globales Lernen
Globales Lernen ist inzwischen in den Rahmenlehrplänen verankert. Die Umsetzung ist jedoch nach wie vor unzureichend.
3.1. Welche Maßnahmen werden Sie ergreifen, um die in den Rahmenlehrplänen festgeschriebenen Maßnahmen zum Globalen Lernen umzusetzen?

Die FDP misst dem Globalen Lernen, insbesondere in Hinblick auf die dynamischen Prozesse in einer sich stetig wandelnden Welt, einen hohen Stellenwert bei. Wir halten eine Befassung mit diesem Themenfeld für sehr wichtig und sind daran interessiert, dass Schulen die damit in Zusammenhang stehenden Fragen aufgreifen und im Rahmen des Unterrichts behandeln. Dies muss jedoch in der Verantwortung der Schulen vor Ort geschehen. Kleinteilige Vorgaben seitens der Politik oder der Bildungsverwaltung sind dabei eher hinderlich, da sie die Handlungsspielräume der Schulen sehr einengen. Eine freiwillige Schwerpunktsetzung der Schulen auf den Bereich des Globalen Lernens wird von uns begrüßt. Dementsprechend hat sich die FDP für die Gründung von Club-of-Rome-Schulen im Land Berlin eingesetzt, welche die Förderung von Umweltbewusstsein, Internationalität und Nachhaltigkeit betonen, eingesetzt. Leider wurde unser Antrag seitens der Regierungsfraktionen von SPD, PDS sowie von Bü90/Grüne und CDU abgelehnt.

3.2. Wie kann die nachgewiesene Kompetenz der Nichtregierungsorganisationen beim Thema Globales Lernen noch intensiver genutzt und finanziell gesichert werden?

Der Sachverstand der NGOs kann im Rahmen von schulischen Kooperationen genutzt werden. die FDP setzt sich dafür ein, dass Schulen ein Budget erhalten, mit welchem solche Kooperationen finanziert werden können.
4. Faires und nachhaltiges Wirtschaften
Als internationaler Standort ist Berlin an der Förderung der Außenwirtschaftsbeziehungen interessiert. Im Sinne einer globalen Verantwortung für alle Aktivitäten gehören dazu auch die Einhaltung internationaler Sozial- und Umweltstandards, die bislang jedoch nicht als Bedingungen für die Vergabe von Fördermitteln dienen.
Die positiven Wirkungen von Fairem Handel sind erwiesen. Der Bereich der öffentlichen Beschaffung ist von großer Bedeutung für die Verbreitung fair gehandelter Produkte.
4.1. Werden Sie sich für die Verknüpfung der Mittelvergabe der Berliner Außenwirtschaftsförderung mit der Einhaltung international vereinbarter Standards (z.B. ILO-Standards) und freiwilliger Verhaltenskodizes einsetzen?
4.2. Werden Sie sich dafür einsetzen, dass der Senat seine Beschaffungspolitik auf nachhaltige und fair gehandelte Produkte umstellt?

Ausbeutung, Kinderarbeit und Umweltsünden wie das Abholzen ganzer Wälder sind zu verurteilen und zu bekämpfen, allerdings von den dafür Zuständigen im Bund und in den internationalen Institutionen. Dort kämpft auch die FDP intensiv für diese Ziele.
Für Berlin gewählte Politiker müssen jedoch auch die Probleme dieser Stadt in Ordnung bringen. Das heißt vor allem Sanierung des Haushalts und Abbau der Schulden, die unsere Kinder belasten werden. Hierfür sind weitere Belastungen der Wirtschaft durch die Einpreisung neuer Vergabebedingungen kontraproduktiv. Schon die jetzigen, weit über bundesgesetzliche Forderungen hinausgehenden bei Ausschreibungen zu Ausbildungs- und Frauenquoten schaden der Wirtschaft. Hier muss also eher abgebaut als draufgesattelt werden, um bei Beschaffungen Geld zu sparen und die Wirtschaft zu entlasten.
Die FDP tritt im Übrigen im Sinne des Wortes Freiwilligkeit bei „freiwilligen Verhaltenskodizes“ ein. Diese sind ja entwickelt worden, um Zwangsregelungen zu vermeiden. Daher kann es auch keine systematische Konditionierung der Mittelvergabe der Außenwirtschaft geben. Dennoch kann bei der Außenwirtschaftsförderung darauf geachtet werden, dass mit Berliner Steuergelder keine Geschäfte auf dem Rücken von Kindern oder zu Lasten der Umwelt gemacht werden.

5. Lokale Agenda 21
In der im Juni 2006 vom Berliner Abgeordnetenhaus beschlossenen Lokalen Agenda 21 wird der Senat aufgefordert, diese als Leitidee seiner künftigen Politik aufzunehmen und die aufgeführten Qualitäts- und Handlungsziele so schnell wie möglich umzusetzen.
5.1. In welcher Form werden Sie sich für diese Ziele einsetzen? Wo sehen Sie Ihre persönlichen inhaltlichen Schwerpunkte?

Der Beschluss des Abgeordnetenhauses zur Lokalen Agenda 21 ist gegen die Stimmen der FDP erfolgt. Dam Beschluss lag eine Senatsvorlage zugrunde, die eine „Leistungsbilanz“ bienenfleißiger Senatsstellen und in dieser Form geradezu ein Musterbeispiel für die Berliner Bürokratie darstellt. Diese Machwerk wird der Umwelt mit Sicherheit keine Vorteile bringen, eher dem um seine Aufgabenfülle kämpfenden Berliner öffentlichen Dienst. Angesichts der sich in Berlin kontinuierlich verbessernden Umweltsituation und gleichzeitig verschlechternden Arbeitsmarktlage hat die Berliner Landespolitik wichtigere Zukunftsaufgaben zu bewältigen, als diche Broschüren zu fabrizieren: z.B. die Reform der öffentlichen Verwaltung, die Konsolidierung des Landeshaushaltes und die Wettbewerbsfähigkeit des Wirtschaftsstandortes Berlin

6. Verantwortung für das Erbe der Kolonialzeit
Als alte und neue Hauptstadt hat Berlin vielfältige Verbindungen zur Kolonialzeit, die sich in Straßennamen, gesammelten Kulturgütern und nicht zuletzt im Umgang mit Menschen aus den ehemaligen Kolonien zeigen. Rassismus ist ein verbreitetes Problem in der Stadt. Die Städtepartnerschaft mit Windhuk bietet einen guten Ansatzpunkt, Versöhnungsarbeit mit den ehemaligen deutschen Kolonien zu fördern.
6.1. Welche Maßnahmen und Initiativen im Rahmen der Stadtentwicklung werden Sie unterstützen, um Berlins Verbindungen zur Kolonialzeit transparent zu machen?

Uns sind stadtentwicklungspolitische Initiativen mit kolonialgeschichtlichem Bezug nicht bekannt. Das Thema hat einen eher historischen und damit auch kulturpolitischen Hintergrund und sollte in geeigneter Weise in diesem Kontext behandelt werden. Dafür biete sich die Städtepartnerschaft als Rahmen an.

6.2. Welche Aktivitäten schlagen Sie vor, um die Städtepartnerschaft mit Windhuk mit Leben zu füllen?

Für die Städtepartnerschaft mit Windhuk bieten sich u.a. Aufarbeitungen zu den historischen Orten der Kolonialpolitik in den beiden Städten an, die im konlonialgeschichtlichen Zusammenhang von Deutschland und Namibia stehen. Dies könnte in Form einer gemeinsamen Ausstellung und Veröffentlichung erfolgen (z.B. Sonderausstellung im DHM und/oder im Märkischen Museum). Denkbar wäre auch die Errichtung einer gemeinsam in Auftrag gegebenen Info-Stele am Standort des früheren Reichskolonialamtes, die dessen Bedeutung aus einer gemeinsamen Sicht heraus beleuchtet.

Kooperationspartner:
www.wfd.de

Diese Aktion wird gefördert vom Evangelischen Entwicklungsdienst (EED), dem Katholischen Fonds für weltkirchliche und entwicklungsbezogene Öffentlichkeitsarbeit, dem Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Umverteilen! Stiftung für eine solidarische Welt.

Eine Aktion des Berliner Entwicklungspolitischen Ratschlags (BER e.V.) - info@ber-ev.de