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Entwicklungspolitischer Wahlcheck 2006
 

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Antwort von:

Peter Lundkowski, FDP (Mitte)

1. Steuerung der Landesentwicklungspolitik
Das Thema ‚Globale Verantwortung wahrnehmen’ stellt sich in vielen Politikfeldern, insbesondere in den Bereichen Bildung, Migration/ Integration, Kultur, Wissenschaft und Wirtschaft. Eine Koordination findet aber kaum statt. Weiterhin fehlen ein Instrumentarium und die finanziellen Mittel, um diese Aufgaben konsequent umzusetzen.
1.1. Werden Sie sich für die Thematisierung der Entwicklungspolitik im Hauptausschuss und mindestens einmal jährlich im Plenum des Abgeordnetenhauses einsetzen?

Ja, allerdings sollte das Thema nicht so eng gesehen werden. Wirtschafts- und außenpolitische Aspekte sind einzubeziehen. Die „öffentliche“ Diskussion im Parlament hat auch einen bildungspolitischen Vorteil, da dadurch der Stellenwert der Entwicklungspolitik z.B. für Schüler erhöht wird. Parlamentsdebatten werden häufig unterrichtlich ausgewertet.

1.2. Werden Sie sich für die Einführung einer „Entwicklungsverträglichkeitsprüfung“ einsetzen, um mehr Kohärenz und
Transparenz über die entwicklungspolitischen Wirkungen des politischen Handelns in Berlin zu gewährleisten?

Eine solche Prüfung ist durchaus eine Möglichkeit, um wirtschafts- und kulturpolitische Folgen wirtschaftlichen Handelns in Ländern der so genannten Dritten welt auf staatlicher und auch auf privater Ebene genauer bewerten zu können. Insbes. Für private Investitionen ist solch eine Prüfung unbedingt sinnvoll, zur besseren Einschätzung der entwicklungspolitischen Folgen und auch zur „Kontrolle“ (Einhaltung von Standards).

2. Entwicklungszusammenarbeit und zivilgesellschaftliches Engagement
Nach 1998 ging es finanziell gesehen mit der Berliner Entwicklungspolitik bergab. Das Sinken von Programm- und Projektförderung sowie institutioneller Förderung hängt hauptsächlich mit der Verlagerung mehrerer staatsnaher Entwicklungsorganisationen nach Bonn zusammen. Unter zusätzlichen Mittelkürzungen im Berliner Haushalt leidet aber auch die Informations- und Bildungsarbeit. Dies widerspricht den Erklärungen der Ministerpräsidenten, in denen dieser Bereich stets eine herausragende Stellung eingenommen hat.
Bereits 1970 wurde international das Ziel aufgestellt, 0,7% des Bruttonationaleinkommens für Entwicklungshilfe einzusetzen. Davon sind die Bundesregierung und das Land Berlin weit entfernt.
2.1. Werden Sie sich für die Einrichtung einer Landesstiftung Entwicklungszusammenarbeit einsetzen, die die entwicklungspolitischen Aktivitäten der Zivilgesellschaft dauerhaft absichert?

Solch eine Landesstiftung bedeutet natürlich noch mehr Verwaltung, mehr Bürokratie. Das steht im Gegensatz zum Ziel der FDP, Bürokratie, Verwaltung abzubauen. Aus dem Grunde ist ein eigenes Landesinstitut aus meiner Sicht nicht empfehlenswert. Eine bessere „Lösung“ wäre die Anbindung der aufgaben bie der vorhandenen Landeszentrale für politische Bildungsarbeit. Dies würde auch eine Aufwertung der Landeszentrale bedeuten, die gegenwärtig in der Öffentlichkeit kaum wahrgenommen wird.

2.2. Setzen Sie sich für die Formulierung eines Stufenplanes ein, mit dem die Mittel für Entwicklungspolitik auf Landesebene
bis zum Jahr 2015 schrittweise auf 0,7% des Bruttonlandeseinkommens gesteigert werden sollen?

Ein Stufenplan ist durchaus sinnvoll, damit in naher Zukunft endlich die 0,7% erreicht werden. Die zeitliche Abfolge der Stufen sollte dagegen etwas gestreckt werden. Damit erhöht sich die Chance, dass die 0,7% in einem konsolidierten Haushalt erreicht werden.

3. Globales Lernen
Globales Lernen ist inzwischen in den Rahmenlehrplänen verankert. Die Umsetzung ist jedoch nach wie vor unzureichend.
3.1. Welche Maßnahmen werden Sie ergreifen, um die in den Rahmenlehrplänen festgeschriebenen Maßnahmen zum
Globalen Lernen umzusetzen?

Bis Ende 2004 (Pensionierung) war ich über 25 Jahre in verschiedenen Rahmenplankommissionen für die gesellschaftswissenschaftlichen Fächer beim Senator für Schulwesen tätig. Bei der Überprüfung der Ergebnisse dieser Arbeit stellte sich immer wieder die Frage, wie genau die Kollegen im Unterricht die Rahmenplanvorgaben unterrichtlich umsetzten. Für die gymnalsiale Oberstufe konnte man in der Abiturprüfung eine gewisse Überprüfung bzw. Kontrolle vornehmen, für die Mittelstufe gab es diese Möglichkeit nicht. Mit dem mittleren Schulabschluss im neuen Schulgesetz bahnt sich hier eine Änderung an, allerdings sind die gesellschaftswissenschaftlichen Fächer bisher davon ausgeschlossen. Aus dem Grunde ist eine intensivere, inner schulische „Überprüfung“ der Lernziele vonnöten. Im Rahmen des mittleren Schulabschlusses wären auch schriftliche Prüfungen in den Fächern des gesellschaftswissenschaftlichen Aufgabenfelds sinnvoll, insbes. Unter dem Aspekt „Globales Lernen“. In dem Zusammenhang könnten z.B. auch Vergleichsarbeiten in Erdkunde, Geschicht und/oder Sozialkunde sehr hilfreich sein.
Wichtig wäre in dem Zusammenhang auch die Mitarbeit von Parlamentariern in den Rahmenplankommissionen, damit sie fachlich fundierter die Inhalte überprüfen und bewerten können. In Zukunft sollten auch die Rahmenpläne im Parlament beraten werden.

3.2. Wie kann die nachgewiesene Kompetenz der Nichtregierungsorganisationen beim Thema Globales Lernen noch
intensiver genutzt und finanziell gesichert werden?

Nichtregierungsorganisationen sollten - analog zum Unterricht in Rechtskunde – verpflichtend in den Unterricht einbezogen werden. Veranstaltungen entwicklungspolitischer Organisationen (z.B. Deutscher Entwicklungsdienst (Schülerseminare)) sind eine wichtige Hilfe, damit Schüler, z.B. im Rahmen der Begegnung mit Entwicklungshelfern, auch einen emotionalen Zugang zum Thema finden.

4. Faires und nachhaltiges Wirtschaften
Als internationaler Standort ist Berlin an der Förderung der Außenwirtschaftsbeziehungen interessiert. Im Sinne einer globalen Verantwortung für alle Aktivitäten gehören dazu auch die Einhaltung internationaler Sozial- und Umweltstandards, die bislang jedoch nicht als Bedingungen für die Vergabe von Fördermitteln dienen.
Die positiven Wirkungen von Fairem Handel sind erwiesen. Der Bereich der öffentlichen Beschaffung ist von großer Bedeutung für die Verbreitung fair gehandelter Produkte.
4.1. Werden Sie sich für die Verknüpfung der Mittelvergabe der Berliner Außenwirtschaftsförderung mit der Einhaltung international vereinbarter Standards (z.B. ILO-Standards) und freiwilliger Verhaltenskodizes einsetzen?

Ja, die Einhaltung internationaler Sozial- und Umweltstandards sollte bei der Vergabe der Fördermittel eine wesentliche Rolle spielen.

4.2. Werden Sie sich dafür einsetzen, dass der Senat seine Beschaffungspolitik auf nachhaltige und fair gehandelte
Produkte umstellt?

Aus Sicht entwicklungspolitischer bildungsarbeit sollte die Beschaffungspolitik stets auf nachhaltige und fair gehandelten Produkten basieren. Damit kann ein Beitrag zur Entwicklung geleistet und damit auch das Flüchtlingsproblem etwas abgemildert werden.

5. Lokale Agenda 21
In der im Juni 2006 vom Berliner Abgeordnetenhaus beschlossenen Lokalen Agenda 21 wird der Senat aufgefordert, diese als Leitidee seiner künftigen Politik aufzunehmen und die aufgeführten Qualitäts- und Handlungsziele so schnell wie möglich umzusetzen.
5.1. In welcher Form werden Sie sich für diese Ziele einsetzen? Wo sehen Sie Ihre persönlichen inhaltlichen Schwerpunkte?

Für die Intensivierung der parlamentarischen Kontrollarbeit in den entsprechenden Ausschüssen. Mein persönlicher Schwerpunkt siegt sicher im Bildungsbereich. Neben Fachreferenten, unterrichtenden Lehrern sollten auch Parlamentarier in den Kommissionen mitarbeiten, die die Lehrpläne und die unterrichtlichen Leitlinien ausarbeiten.

6. Verantwortung für das Erbe der Kolonialzeit
Als alte und neue Hauptstadt hat Berlin vielfältige Verbindungen zur Kolonialzeit, die sich in Straßennamen, gesammelten Kulturgütern und nicht zuletzt im Umgang mit Menschen aus den ehemaligen Kolonien zeigen. Rassismus ist ein verbreitetes Problem in der Stadt. Die Städtepartnerschaft mit Windhuk bietet einen guten Ansatzpunkt, Versöhnungsarbeit mit den ehemaligen deutschen Kolonien zu fördern.
6.1. Welche Maßnahmen und Initiativen im Rahmen der Stadtentwicklung werden Sie unterstützen, um Berlins Verbindungen
zur Kolonialzeit transparent zu machen?

In den letzten 4 Jahren hatte ich die Möglicheit als Bürgerdeputierter im Ausschuss für Bildung und Kultur in der BVV-Mitte mitzuarbeiten. Ein Schwerpunkt war dabei die Arbeit in der Unterarbeitsgruppe „Straßennamen“. Zusaätzlich zu den „normalen“ Straßenbenennungen spielten zwei Themen, zu denen Anträge in der BVV vorlagen, eine besondere Rolle: Umbenennung der Straße und des U-Bahnhofs Mohrenstraße und die „Problematik“ Straßennamen aus der Kolonialzeit bzw. nach deutschen und britischen Kolonien und Kolonialherren im afrikanischen Viertel des Ortsteils Wedding. Nach intensiven Diskussionen – auch unter Einbeziehung der „Internationalen Liga für Menschenrechte“ – scheint sich eine Lösung anzubahnen: eine „Erinnerungsplatte“ – z.B. auf dem Nachtigallplatz. Eine kritische Bewertung auf dieser Platte sollte die Kolonialzeit bzw. die Folgen deutscher Kolonialpolitik transparenter machen. Eine kritische Ausarbeitung unserer kolonialen Vergangenheit und der bewusste Umgang mit ihr sind unumgänglich. Insbes. Straßennamen, die die deutsche koloniale Vergangenheit verherrlichen, müssen abgeschafft werden.

6.2. Welche Aktivitäten schlagen Sie vor, um die Städtepartnerschaft mit Windhuk mit Leben zu füllen?

Städtepartnerschaften leben nur, wenn der Bürger davon betroffen ist. Politikerreisen sind dafür keine Hilfe. Besser sind: Schülerrreisen, Schulpartnerschaften – auch unter einbeziehung der außerschulischen Jugendarbeit. Außerdem sollte man Sportvereine motivieren, sich daran zu beteiligen. Sol sollte z.V. das BA einen Fußballcup organisieren, der unter Beteiligung Berliner und Windhuker Fußballvereine alle zwei Jahre abwechselnd in Berlin und Windhuk stattfinden könnte.

Kooperationspartner:
www.wfd.de

Diese Aktion wird gefördert vom Evangelischen Entwicklungsdienst (EED), dem Katholischen Fonds für weltkirchliche und entwicklungsbezogene Öffentlichkeitsarbeit, dem Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Umverteilen! Stiftung für eine solidarische Welt.

Eine Aktion des Berliner Entwicklungspolitischen Ratschlags (BER e.V.) - info@ber-ev.de