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Berlin entwickeln!

Entwicklungspolitischer Wahlcheck 2006
 

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Antwort von:

Natja Denk, FDP (Mitte)

1. Steuerung der Landesentwicklungspolitik
Das Thema ‚Globale Verantwortung wahrnehmen’ stellt sich in vielen Politikfeldern, insbesondere in den Bereichen Bildung, Migration/ Integration, Kultur, Wissenschaft und Wirtschaft. Eine Koordination findet aber kaum statt. Weiterhin fehlen ein Instrumentarium und die finanziellen Mittel, um diese Aufgaben konsequent umzusetzen.
1.1. Werden Sie sich für die Thematisierung der Entwicklungspolitik im Hauptausschuss und mindestens einmal jährlich im Plenum des Abgeordnetenhauses einsetzen?

Es ist jedem Mitglied des AGH jederzeit freigestellt, bei Bedarf entwicklungspolitische Fragestellungen in die Parlamentsdebatte einzubringen. Eine obligatorische Behandlung zu bestimmten Zeitpunkten halte ich nicht für angemessen, sogar abträglich. Wer gebetsmühlenartig wichtige Themen, wozu dieses sicher gehört, sozusagen abarbeitet, statt ihnen zu gegebenem Anlass Rechnung zu tragen, dient der Sache nicht.
1.2. Werden Sie sich für die Einführung einer „Entwicklungsverträglichkeitsprüfung“ einsetzen, um mehr Kohärenz und Transparenz über die entwicklungspolitischen Wirkungen des politischen Handelns in Berlin zu gewährleisten?

Im Prinzip ist dies eine charmante Idee, die sich aber in der Praxis meines Wissens überhaupt nicht bewährt hat, da es keine verbindliche Standarddefinition gibt. Momentan scheint die freiwillige Selbstverpflichtung der beste Weg.

2. Entwicklungszusammenarbeit und zivilgesellschaftliches Engagement
Nach 1998 ging es finanziell gesehen mit der Berliner Entwicklungspolitik bergab. Das Sinken von Programm- und Projektförderung sowie institutioneller Förderung hängt hauptsächlich mit der Verlagerung mehrerer staatsnaher Entwicklungsorganisationen nach Bonn zusammen. Unter zusätzlichen Mittelkürzungen im Berliner Haushalt leidet aber auch die Informations- und Bildungsarbeit. Dies widerspricht den Erklärungen der Ministerpräsidenten, in denen dieser Bereich stets eine herausragende Stellung eingenommen hat.
Bereits 1970 wurde international das Ziel aufgestellt, 0,7% des Bruttonationaleinkommens für Entwicklungshilfe einzusetzen. Davon sind die Bundesregierung und das Land Berlin weit entfernt.
2.1. Werden Sie sich für die Einrichtung einer Landesstiftung Entwicklungszusammenarbeit einsetzen, die die entwicklungspolitischen Aktivitäten der Zivilgesellschaft dauerhaft absichert?

Priorität hat im aktuellen politischen Programm meiner Partei neben der Wirtschafts- und Bildungsförderung vor allem eines: Verschlankung und Vereinfachung der Verwaltung. Eine weitere Landesbehörde wäre in meinen Augen unter diesem Aspekt einfach absurd. Im Moment läuft in der FTD eine Serie über Deutschland und seine (entbehrlichen) Ämter. Ich bin sicher, die von Ihnen angeregte Behörde fände sofort einen Spitzenplatz.
Hingegen fände ich es durchaus eine gute Sache, wenn man der Entwicklungszusammenarbeit größeren Raum bei etablierten und bewährten Instituten gäbe, z.B. bei der Landeszentrale für politische Bildungsarbeit.

2.2. Setzen Sie sich für die Formulierung eines Stufenplanes ein, mit dem die Mittel für Entwicklungspolitik auf Landesebene 
bis zum Jahr 2015 schrittweise auf 0,7% des Bruttonlandeseinkommens gesteigert werden sollen?

In diesem Falle gilt meiner Auffassung nach, dass wir in dieser Hinsicht erst einmal vor der eigenen Türe kehren sollten. In mancherlei Sinne ist Berlin selbst Entwicklungsland - mein Zynismus sei mir hier verziehen, bitte, ist er doch Resultat des mangelhaften Regierens von Rot/Rot. Deutlicher: Bevor nicht der Entwicklungsplan für Berlin durch ist und Fuß gefasst hat, sind Pläne für die Entwicklung anderer sehr prekär. Berlin hat Schulden von mehr als 60 Mrd. Euro. Im Jahr 2006 kommen weitere 3,1 Mrd. dazu, um die laufenden Ausgaben darzustellen. Erst wenn Berlin seinen Haushalt im Griff hat und eine realistische Aussicht auf Wachstum hat, kann man über die Verteilung von Mitteln an andere reden.
3. Globales Lernen
Globales Lernen ist inzwischen in den Rahmenlehrplänen verankert. Die Umsetzung ist jedoch nach wie vor unzureichend.
3.1. Welche Maßnahmen werden Sie ergreifen, um die in den Rahmenlehrplänen festgeschriebenen Maßnahmen zum Globalen Lernen umzusetzen?

Sehr guter Punkt! Die FDP misst dem Globalen Lernen große Bedeutung zu und wird jede Schule unterstützen, diesem Aspekt gesteigerte Aufmerksamkeit zu schenken. Allerdings werden Sie von mir nichts über Rahmenlehrpläne hören. Der bildungspolitische Weg der FDP geht hin zu mehr Freiheit und Eigenverantwortung von Schulen. Detaillierte Pflichtenhefte sind falsch, Unterstützung von wertvollen Initiativen wie den COR-Schulen oder privaten Gründungen wie der Metropolitan School in Berlin-Mitte sind hingegen richtig.

3.2. Wie kann die nachgewiesene Kompetenz der Nichtregierungsorganisationen beim Thema Globales Lernen noch intensiver genutzt und finanziell gesichert werden?

Um das Feld von hinten aufzurollen: Wie Sie schon richtig sagten, es handelt sich um NICHTREGIERUNGSOrganisationen! Solche staatlicherseits zu alimentieren ist widersprüchlich und übrigens auch nicht im Interesse der NGOs. Finanzielle Absicherung wird von diesen in der Regel sehr erfolgreich selbst erledigt. Aber: Selbstverständlich sind sie ein wichtiger Faktor. Der Sachverstand und das Engagement von Mitarbeitern und Funktionären kann sehr zu Meinungs- und Willensbildungsprozessen beitragen, ist eine Quelle, aus der Bildungs- und Fortbildungsprogramme gespeist werden können, und darüber hinaus ein prima Beispiel für Eigeninitiative und bürgerschaftliches Engagement - beides Dinge, die die FDP auf ihre Fahnen schreibt.

4. Faires und nachhaltiges Wirtschaften
Als internationaler Standort ist Berlin an der Förderung der Außenwirtschaftsbeziehungen interessiert. Im Sinne einer globalen Verantwortung für alle Aktivitäten gehören dazu auch die Einhaltung internationaler Sozial- und Umweltstandards, die bislang jedoch nicht als Bedingungen für die Vergabe von Fördermitteln dienen.
Die positiven Wirkungen von Fairem Handel sind erwiesen. Der Bereich der öffentlichen Beschaffung ist von großer Bedeutung für die Verbreitung fair gehandelter Produkte.
4.1. Werden Sie sich für die Verknüpfung der Mittelvergabe der Berliner Außenwirtschaftsförderung mit der Einhaltung international vereinbarter Standards (z.B. ILO-Standards) und freiwilliger Verhaltenskodizes einsetzen?

Lassen wir doch bitte die Kirche im Dorf. Berliner Politiker werden für Berliner Politik gewählt, nicht als Kämpfer gegen die Abholzung des Regenwaldes. Diese Dinge haben ihren richtigen Ort auf nationaler und internationaler Ebene, wo die FDP übrigens für Ziele des Fairen Handels durchaus kämpft.
In Berlin ist es so, dass die bereits weit über bundesgesetzliche Regelungen bei Ausschreibungen eine erkleckliche Belastung für die Wirtschaft sind. Hier muss - wie ich oben schon sagte - im Sinne von Vereinfachung und Transparenz eher abgebaut als draufgesattelt werden.

4.2. Werden Sie sich dafür einsetzen, dass der Senat seine Beschaffungspolitik auf nachhaltige und fair gehandelte Produkte umstellt?

Bedaure, Sie werden von liberaler Seite kein Credo für Zwangsregelungen hören. Auch bei der Beschaffung gilt, dass der Beschaffende in seiner Entscheidung frei sein sollte und aufgrund von Qualität und Preis entscheiden können darf. Wir begrüßen allerdings ausdrücklich freiwillige Verhaltenskodizes und werden sicher gern darauf achten, dass mit Berliner Steuergeldern keine Geschäfte zu Lasten der Umwelt oder mithilfe von Kinderarbeit gemacht werden.

5. Lokale Agenda 21
In der im Juni 2006 vom Berliner Abgeordnetenhaus beschlossenen Lokalen Agenda 21 wird der Senat aufgefordert, diese als Leitidee seiner künftigen Politik aufzunehmen und die aufgeführten Qualitäts- und Handlungsziele so schnell wie möglich umzusetzen.
5.1. In welcher Form werden Sie sich für diese Ziele einsetzen? Wo sehen Sie Ihre persönlichen inhaltlichen Schwerpunkte?

Der Beschluss des AGH zur Lokalen Agenda 21 ist gegen die FDP erfolgt. Ihm lag eine Vorlage zugrunde, die ein Musterbeispiel für die Berliner Bürokratie darstellte. Dieses wird der Umwelt ganz gewiss keineswegs nützen, sondern eher den öffentlichen Dienst noch weiter aufblähen. Anstatt dicke Broschüren zu produzieren, gilt es in Berlin anderes zu bewältigen. Man kann es nicht oft genug sagen, also werde auch ich hier gern redundant: Berlin braucht eine konsequente Reform der öffentlichen Verwaltung, eine nachhaltige Konsolidierung des Landeshaushaltes, eine professionelle und aktive Wirtschaftsförderung.

6. Verantwortung für das Erbe der Kolonialzeit
Als alte und neue Hauptstadt hat Berlin vielfältige Verbindungen zur Kolonialzeit, die sich in Straßennamen, gesammelten Kulturgütern und nicht zuletzt im Umgang mit Menschen aus den ehemaligen Kolonien zeigen. Rassismus ist ein verbreitetes Problem in der Stadt. Die Städtepartnerschaft mit Windhuk bietet einen guten Ansatzpunkt, Versöhnungsarbeit mit den ehemaligen deutschen Kolonien zu fördern.
6.1. Welche Maßnahmen und Initiativen im Rahmen der Stadtentwicklung werden Sie unterstützen, um Berlins Verbindungen zur Kolonialzeit transparent zu machen?

Als Bewerberin aus dem Stadtteil Wedding und Historikerin sind mir die Diskussionen um das \"Afrikanische Viertel\" und seine Straßennamen sehr geläufig und auch verständlich. Ich werde die daran arbeitende BI gern beraten und begleiten, wenn es darum geht, dies aufzuarbeiten.

6.2. Welche Aktivitäten schlagen Sie vor, um die Städtepartnerschaft mit Windhuk mit Leben zu füllen?

Ich will gewiss nicht faul sein, aber da bieten sich wahrhaftig die meisterhaften Kooperationen im Rahmen von Städtepartnerschaften, die inzwischen Legion sind, als best-practices an. Ob Schüler- und Lehreraustauschprogramme, gemeinsam konzipierte Ausstellungen, historische Untersuchungen im Auftrag der beiden Städte, es gibt so viele bewährte Möglichkeiten dies zu tun - übrigens nicht notwendigerweise immer auf Initiative öffentlicher Stellen. Ich vertraue den aktiven und rührigen Berliner Bürgern, unter denen sicher auch welche sind, die eine Brücke zwischen Deutschland und Namibia bauen wollen. Meinerseits hätten sie ebenso wie die oben genannte BI alle Unterstützung.

Kooperationspartner:
www.wfd.de

Diese Aktion wird gefördert vom Evangelischen Entwicklungsdienst (EED), dem Katholischen Fonds für weltkirchliche und entwicklungsbezogene Öffentlichkeitsarbeit, dem Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Umverteilen! Stiftung für eine solidarische Welt.

Eine Aktion des Berliner Entwicklungspolitischen Ratschlags (BER e.V.) - info@ber-ev.de